Inhalt
- Kindheit und Jugend - Auf Wanderschaft zwischen Inn und Salzach
- Im Schatten des Dritten Reichs
- Vom Seelsorger zum Professor und Kardinal
- Der Ruf nach Rom
- Habemus Papam
- Der Papstname Benedikt
- Biografische Daten
Kindheit und Jugend - Auf Wanderschaft zwischen Inn und Salzach
Joseph Ratzinger erblickte als drittes Kind der Eheleute Josef und Maria Ratzinger in Marktl am Inn im benachbarten Bayern das Licht der Welt. Am 16. April 1927, einem Karsamstag, wurde er hineingeboren in ein einfaches und bescheidenes Leben. Seine Kindheit war geprägt von einer liebevollen und tief gläubigen Familie. Er erlebte ein "freudiges, farbiges, menschliches Christentum", erinnert er sich in seiner Autobiographie "Aus meinem Leben".
Der Vater, ein Gendarm, wurde wiederholt versetzt. 1929 zog die Familie nach Tittmoning an der Salzach, wo Joseph im Alter von drei Jahren den Kindergarten im ehemaligen Augustinerkloster besuchte. In seiner Autobiografie schreibt er: "Die zweite Station unserer Wanderschaft war Tittmoning, die kleine Stadt an der Salzach, deren Brücke zugleich die Grenze nach Österreich bildet. Tittmoning, architektonisch ganz vom Salzburgischen her geprägt, ist das Traumland meiner Kindheit geblieben." Ende 1932 führte die Familie ein weiterer Umzug nach Aschau am Inn. Der fünfjährige Joseph besuchte dort die Schule und empfing in der spätgotischen Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt die erste Heilige Kommunion. Zusammen mit Bruder Georg erhielt er im nahe gelegenen Kloster Au Klavierunterricht bei den Franziskanerinnen. Bis heute verbindet die Brüder die gemeinsame Liebe zur Musik.
Nach der Pensionierung des Vaters zog die Familie nach Traunstein, wo sie ein kleines Bauernhaus erwarb. Als Zwölfjähriger folgte Joseph seinem Bruder Georg in das Traunsteiner Studienseminar St. Michael, "mit großen Erwartungen", wie er in seiner Autobiographie schreibt. In dem besonders der Förderung von Priesterberufen ausgerichteten Studienseminar begann für die beiden Brüder der Weg zum Priestertum. Von Traunstein radelten die beiden Brüder immer wieder mal nach Salzburg, hörten Musik und lernten diesen Teil Österreichs kennen und lieben. In dieser Umgebung, die er selber als "mozartianisch" bezeichnete, erhielt er seine christliche, menschliche und kulturelle Prägung. Als Theologieprofessor war er dann regelmäßig zu Vorträgen und Vorlesungen an österreichischen Erwachsenenbildungseinrichtungen und als Kurienkardinal verbrachte er regelmäßig seine Urlaube im Bad Hofgasteiner Pfarrhof. Ein knappes Jahr bevor er Papst wurde, war er noch auf Salzburgurlaub und besuchte hier auch gemeinsam mit seinem Bruder Georg die Salzburger Festspiele.
Im Schatten des Dritten Reichs
Joseph Ratzinger war 16 Jahre alt, als er die Zerstörung der bayerischen Landeshauptstadt München miterlebte. 1943 war er mit den anderen Seminaristen als sogenannter Flakhelfer eingezogen worden. Kurz vor Kriegsende entschloss sich Ratzinger "nach Hause zu gehen", wie es in seiner Autobiographie heißt. Er beging damit Fahnenflucht und war sich der Gefahr, die ihm deswegen drohte, durchaus bewusst. Zwei Soldaten, "die auch den Krieg satt hatten", ließen Joseph, der am Arm verwundet war, laufen. Er geriet in amerikanische Kriegsgefangenschaft, ehe er am 19. Juni 1945 "überglücklich den Entlassungsschein in Händen hielt", mit dem das Kriegsende auch für ihn Wirklichkeit wurde.
Vom Seelsorger zum Professor und Kardinal
1946 begann Joseph Ratzinger sein Theologiestudium, zunächst an der Philosophisch- Theologischen Hochschule in Freising, dann an der Universität München. Am 29. Juni 1951 empfing er zusammen mit seinem Bruder Georg und 38 weiteren Diakonen durch Kardinal Michael Faulhaber die Priesterweihe. Nach kurzer aber intensiver seelsorgerischer Tätigkeit in 2 Münchner Stadtpfarreien wurde er bereits mit 25 Jahren als Dozent für Sakramentenpastoral ans Freisinger Priesterseminar berufen, war zugleich in der Domseelsorge tätig und musste seine Promotion zu Ende führen. 1953 promovierte er mit einer Arbeit zum Thema "Volk und Haus Gottes in Augustins Lehre von der Kirche". Ab 1954 war er Dozent für Dogmatik und ein Jahr darauf zusätzlich für Fundamentaltheologie an der philosophisch-theologischen Hochschule in Freising. 1955 war dann auch das handgeschriebene Manuskript seiner Habilitationsschrift über "Die Geschichtstheologie des Heiligen Bonaventura" fertig, die allerdings erst nach zwei Jahren angenommen wurde.
1958 folgte er einem Ruf auf den Fundamentaltheologischen Lehrstuhl nach Bonn, wurde 1963 Professor für Dogmatik und Dogmengeschichte in Münster, später dann noch in Tübingen und in Regensburg. Viele österreichische Theologiestudenten zog es in diesen Jahren zu Freisemestern an Ratzingers Wirkungsstätten. Vier von ihnen - darunter auch Kardinal Schönborn - gehören dem engeren Schülerkreis an, der sich auch jetzt noch jährlich mit ihm zu theologischen Gesprächen trifft. Vier Jahre später, mit 30 Jahren, wurde er Professor für Dogmatik an der Philosophisch-Theologischen Hochschule in Freising. In seiner akademischen Laufbahn lehrte er an den Universitäten in Bonn, Münster, Tübingen und Regensburg.
1962 begleitete der junge Theologieprofessor Ratzinger den Kölner Kardinal Josef Frings zum II. Vatikanischen Konzil und wurde zu einem der bedeutenden Konzilsberater und Konzilstheologen. Am 25. März 1977 ernannte Papst Paul VI. den Regensburger Theologieprofessor und international renommierten Theologen zum Erzbischof von München und Freising und damit zum Nachfolger von Kardinal Julius Döpfner. Im Münchner Liebfrauendom wurde er am 28. Mai 1977, einem Samstag vor dem Pfingstfest, zum Bischof geweiht. Als Leitspruch wählte er ein biblisches Wort: "Cooperatores veritatis - Mitarbeiter der Wahrheit". Am 27. Juni 1977 nahm ihn Papst Paul VI. in das Kardinalskollegium auf.
Am 25. November 1981 berief ihn Papst Johannes Paul II. als Kurienkardinal nach Rom und ernannte ihn zum Präfekten der Römischen Glaubenskongregation. In dieser Aufgabe war er mehr als zwei Jahrzehnte einer der engsten Mitarbeiter des Papstes. In seiner Amtszeit erschien auch der neue Katechismus der katholischen Kirche - Kardinal Schönborn war dabei einer seiner engsten Mitarbeiter - eine prägnante Zusammenfassung der katholischen Glaubenslehre, die weltweit zum Bestseller wurde.
Habemus Papam
Am 19. April 2005 wählten die wahlberechtigten Kardinäle der katholischen Weltkirche den Kardinaldekan Joseph Ratzinger zum Nachfolger des am 2. April 2005 verstorbenen Papstes Johannes Paul II. Der 265. Nachfolger des heiligen Petrus nahm den Namen Benedikt XVI. an. Weltweit löste die Nachricht große Zustimmung und Anerkennung aus, besonders in Deutschland auch Freude und Hoffnungen. Nach dem aus Utrecht stammenden Papst Hadrian VI. (gestorben 1523) gab es nach 482 Jahren damit wieder einen Deutschen auf dem Stuhl Petri.
Am 25. Dezember 2005 veröffentlichten der neue Papst seine erste Enzyklika "Deus caritas est - Gott ist Liebe", die weltweit ein großes positives Echo auslöste.
Der Papstname Benedikt
Benedikt ist nicht nur der Name des neuen Papstes, sondern kann auch als ein Programm angesehen werden. Übersetzt bedeutet benedictus "der Gesegnete". Mit der Entscheidung für diesen Namen signalisierte der Papst, an welche Traditionen er anknüpfen will.
Der Name erinnert zunächst an den großen Ordensmann, den Vater des abendländischen Mönchtums und Patron Europas, den heiligen Benedikt, und das von ihm in der Benediktusregel grundgelegte "Ora et labora - Bete und Arbeite". Nicht nur die bayerische Heimat des Papstes sondern auch Österreich ist ein vom Wirken des Benediktinerordens geprägtes und gesegnetes Land.
Gleichzeitig wird auch an den letzten Papst dieses Namens, Benedikt XV. (1914-1922) erinnert, der sich während des Ersten Weltkrieges um Frieden und Versöhnung bemühte und ein Mahner zu sozialen Reformen war.
Papst Benedikt XVI. - Biografische Daten
1927
geboren am 16. April in Marktl am Inn
1946-1951
Studium der Philosophie und Theologie in Freising und München
1951
Priesterweihe am 29. Juni in Freising
Aushilfspriester in München-Moosach (Pfarrei St. Martin)
1951-1952
Kaplan in München-Bogenhausen (Pfarrei Hl. Blut)
1952-1954
Dozent im Erzbischöflichen Klerikalseminar Freising
1954-1957
Dozent für Dogmatik und Fundamentaltheologie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Freising
1957
Habilitation an der Universität München im Fach Fundamentaltheologie mit einer Untersuchung über Bonaventura
1958-1959
außerordentlicher Professor für Dogmatik und Fundamentaltheologie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Freising
1959-1963
Ordinarius für Fundamentaltheologie an der Universität Bonn
1962-1965
Offizieller Konzilstheologe (Peritus) des Zweiten Vatikanischen Konzils
1963-1966
Ordinarius für Dogmatik und Dogmengeschichte an der Universität Münster
1966-1969
Ordinarius für Dogmatik und Dogmengeschichte an der Universität Tübingen
1969-1977
Ordinarius für Dogmatik und Dogmengeschichte an der Universität Regensburg
1977
Ernennung zum Erzbischof von München und Freising am 25. März
1977
Bischofsweihe am 28. Mai 1977 in München
Ernennung zum Kardinal am 27. Juni 1977
1981
Ernennung am 25. November 1981 durch Papst Johannes Paul II. zum Präfekten der Katholischen Glaubenskongregation in Rom, zum Präsidenten der Päpstlichen Bibelkommission und der Internationalen Theologenkommission
1986-1992
Leiter der Päpstlichen Kommission zur Erstellung des „Katechismus der Katholischen Kirche"
1998
Bestätigung der Wahl zum Vizedekan des Kardinalskollegiums am 9. November 1998 durch Papst Johannes Paul II.
2002
Wahl zum Dekan des Kardinalskollegiums
2005
Am 19. April wird Joseph Ratzinger zum Papst gewählt. Er gibt sich den Namen "Benedikt XVI."
Ehrendoktorate für sein herausragendes wissenschaftliches Wirken verliehen das College of St. Thomas in St. Paul / Minnesota, die Kath. Universität Eichstätt, die Kath. Universität Lima, die Kath. Universität Lublin, die Kath. Universität von Navarra in Pamplona, die Freien Universität "Maria SS. Assunta" (LUMSA) in Rom und die Theologische Fakultät der Universität Wroclaw.
Zu den zahlreichen internationalen Auszeichnungen - wie etwa die Aufnahme in die Académie des Sciences Morales et Politiques de l'Institut de France als Nachfolger von Nobelpreiträger Andrej Sacharow - zählen auch die Verleihung des Leopold-Kunschak-Preises in Wien (1991) sowie des Großen Goldenen Ehrenzeichens am Bande der Republik Österreich (1992).